Miller, Thomas
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Verharren oder verändern?
(2021)
Im folgenden Kapitel stellen die Autor*innen die Relationen zwischen der Neukonstruktion von Professionalitätsauffassungen berufsbegleitend Studierender und der Entwicklung einer professionellen Identität im Studienverlauf dar. Anhand von drei Fallbeispielen werden die Konstruktionsmodi Modifikation, Rekonstruktion und Dekonstruktion illustriert, die sich in diesem Kontext zeigen und jeweils mit verschiedenen Elementen der Identitätsarbeit (Keupp et al., 2013) sowie den Identitätsstrategien des „Verharrens“ oder „Veränderns“ in Zusammenhang stehen. Durch die Verknüpfung der auftretenden Konstruktionsmodi mit den Konstruktionsprinzipien professioneller Identität (Harmsen, 2004) wird deutlich, wie Prozesse der Neukonstruktion von Professionalität und die Entwicklung professioneller Identität aufeinander bezogen sind und sich die Konstruktionsmodi daher eignen, um die Frage nach der Entwicklung professioneller Identität im Rahmen eines berufsbegleitenden Studiums zu beantworten.
Dieses theoriebasierte Kapitel behandelt zentrale Diskurse, Forschungsergebnisse und Ansätze im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verlauf und der Gestaltung der Entwicklung professioneller Identität in der Sozialen Arbeit. Begriffe und Konzepte der „Professionalität“, der „Professionalisierung“ und der „professionellen Identität“ werden zunächst erläutert und differenziert, um dann die einschlägigen Theorien, die als Referenzrahmen der Studie dienen, vorzustellen und sie in Bezug zum spezifischen Kontext des berufsbegleitenden Studierens zu setzen. Diese Verknüpfung erfolgt unter anderem vom Konzept der professionellen Identität nach Thomas Harmsen (2004) über das der Identitätsarbeit/-konstruktion nach Heiner Keupp et al. (2013) bis hin zur Selbstwirksamkeit, definiert nach Albert Bandura (1997), um schließlich die Bedeutung der Biographie für die Entwicklung professioneller Identität der Studierenden zu beleuchten. Zuletzt wird die Frage nach dem Handeln der Studierenden im beruflichen Kontext, und damit auch die Herausforderung, verschiedene Wissensformen und Praxen zu integrieren, adressiert.
Studierende Praktiker*innen
(2021)
Inwiefern berufsbegleitend Studierende die Inhalte und Erfahrungen, die sie am Lernort „Hochschulstudium“ machen, mit denen des Lernorts „Berufstätigkeit“ verknüpfen, wechselseitige Einflüsse erleben und sich dabei Hinweise auf die Entwicklung einer professionellen Identität zeigen, wird anhand der Analyse einiger Fallbeispiele in diesem Kapitel herausgearbeitet. Dass die Entfaltung des Potenzials der wahrgenommenen Einflüsse, die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, von der Offenheit sowohl der Studierenden als auch des jeweiligen Umfeldes in Hochschule und/oder Beruf abhängt, wird ebenso deutlich wie die enge Verzahnung von Wissen und Erfahrungen aus Theorie, Praxis und Biographie. Dies erschwert eine konkrete Zuordnung der Faktoren, die sich im Studienverlauf auf die Identitätsentwicklung auswirken, zu einem dieser Lernorte. Die Autor*innen identifizieren jedoch in Bezug auf die theoretischen Ansätze, die in Kap. 2 dargestellt werden, Einflussebenen, die jedoch nur unter bestimmten Bedingungen relevant werden und damit die professionelle Identitätsentwicklung im Kontext berufsbegleitenden Studierens rahmen.
Studienmotive als Ausgangspunkt – Haltungstypen und ihr Einfluss auf die professionelle Identität
(2021)
Auf Grundlage der retrospektiven Narrationen der Studierenden zu ihren heterogenen Berufsbiographien, ihrer Studienmotivation und ihren Erwartungen an ein Studium wurden vier zentrale Haltungstypen gebildet, die die Haltungen der Studierenden gegenüber dem aufgenommenen Studium in der Studieneingangsphase abbilden. In allen Fällen ist soziale/fachliche Anerkennung des (beruflichen) Umfeldes von großer Bedeutung für die Ausprägung und Entwicklung professioneller Identität der Studierenden im Studienverlauf. Die Autor*innen heben die Relevanz der Haltungen der Studierenden – und somit der (Berufs-)Biographien und Motivationslagen – für die Entwicklung professioneller Identität im Hochschulkontext hervor und sprechen sich für eine entsprechende Berücksichtigung in berufsbegleitenden Studien-, Lehr- und Lernformaten aus – auch vor dem Hintergrund der Bilanzierung des Studiums durch die Absolvent*innen und ihrer Karriereentwicklung.
Die Autor*innen stellen Forschungsdesign und methodisches Vorgehen der zugrunde liegenden qualitativen Längsschnittstudie mit Studierenden des grundständigen, berufsbegleitenden Studiengangs „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ vor. Angelehnt an die Methodologie der Grounded Theory (Glaser und Strauss 1999) kombiniert mit Elementen der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz 2018), wurden mit 13 Studierenden leitfadengestützte Interviews in drei Wellen während und nach dem Studium erhoben und ausgewertet. Neben der Reflexion der Forscher*innenrolle, der Berücksichtigung forschungsethischer und -konzeptioneller Fragen sowie Informationen zur Datenerhebung und -analyse wird das Untersuchungssample ausführlich beschrieben. Der Fokus liegt hierbei auf den retrospektiv erfassten Berufsbiographien der Studierenden bis nach Studienabschluss.
Die im Rahmen der Studie gewonnenen Erkenntnisse zur Entwicklung professioneller Identität während und infolge des berufsbegleitenden Studiums Sozialer Arbeit werden in diesem Schlusskapitel mit Blick auf die eingangs vorgestellten, zentralen theoretischen und empirischen Befunde in den aktuellen Forschungsstand eingeordnet. Die Autor*innen identifizieren eindeutige identitätsrelevante Aspekte des Studiums. Insbesondere Selbstwirksamkeitserfahrungen, hauptsächlich in Verbindung mit einer Offenheit der Studierenden, der Hochschule und des Praxisumfeldes der „studierenden Praktiker*innen“, stellen sich dabei als förderlich heraus. Zuletzt geben die Autor*innen einen Ausblick auf weitere Forschungsfragen, die im Kontext der Entwicklung professioneller Identität im Rahmen berufsbegleitenden Studierens adressiert werden sollten, um die Potenziale dieses spezifischen Studienformates umfassend zu erschließen und sie nutzbar zu machen.
Die Frage nach der Bestimmung von Professionalität zählt zu den Dauerthemen der Sozialen Arbeit. Viele Veröffentlichungen weisen einerseits darauf hin, dass an dieser Fragestellung gearbeitet wird, andererseits sind sie ein Indiz dafür, dass kein einheitliches Professionalitätsverständnis existiert. Diese Unbestimmtheit hat nicht nur auf kollektiver Ebene Auswirkungen auf die Profession und Disziplin Soziale Arbeit insgesamt, sondern auch auf die einzelnen Fachkräfte der Sozialen Arbeit: Seien es Unsicherheit im konkreten beruflichen Handeln als solches oder eine allgemeine „Identitätsdiffusion() im Hinblick auf die eigene Profession“. Es drängt sich die Frage auf, wie individuelle Prozesse einer professionellen Identitätsentwicklung verlaufen. Dieses Erkenntnisinteresse greift die vorliegende Studie auf und versucht durch die Rekonstruktion einzelner Entwicklungsverläufe von Studierenden der Sozialen Arbeit während und nach ihrem Studium neue Einblicke in die Professionalitätsentwicklung zu erhalten.
Berufsbegleitend studieren
(2021)
Der Beitrag stellt auf der Basis der Ergebnisse einer qualitativen Erhebung mit Studierenden des berufsbegleitenden Studiengangs „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ an der Hochschule Kempten dar, welche Erfahrungen Studierende des ersten Studienjahrgangs mit dem berufsbegleitenden Studium gemacht haben und welche Veränderungs- oder Unterstützungsbedarfe sich daraus ableiten lassen. Zudem wird untersucht, wie unterschiedliche Lehr- und Lern-Formen – Blockveranstaltungen, Regionaltage und Chats – auf die berufsbegleitend Studierenden wirken und welche Relevanz sie für die Lernerfahrungen und den Studienerfolg besitzen. Dabei wird insbesondere der Aspekt der Vereinbarkeit und damit der Studierbarkeit des Studiengangs aus Perspektive der Studierenden in den Blick genommen.
Tandem Teaching
(2021)
Dieser Beitrag stellt die Konzeption eines für berufsbegleitendes Studium entwickelten innovativen Lehrformats dar. Es handelt sich um ein Format der kooperativen Lehre mit der Einbindung hochschulexterner Lehrpersonen. Die ersten Ergebnisse aus der Erprobungsphase zeigen, dass kooperative Lehrformen, verbunden mit der Einbindung von Lehrpersonen aus der Berufspraxis, hohen Mehrwert für die Zielgruppe berufserfahrene Studierende haben. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die Lehrperson aus der Praxis im gleichen beruflichen Handlungsfeld verortet wie die Studierenden.
Dieser Beitrag befasst sich mit der Konzeption, Umsetzung und Evaluation eines Begleitangebots für Studierende des berufsbegleitenden Studiengangs „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ an der Hochschule Kempten. Es handelt sich dabei um ein Tutor*innen-System zur Steigerung der Effektivität für das Arbeiten in sich selbst organisierenden Lerngruppen. Durch eine Begleitung dieser Lerngruppen von einer Tutorin oder einem Tutor kann die Selbststeuerungsfähigkeit der Lerngruppe optimiert werden, wie in der Evaluation gezeigt werden konnte. Das Tutoring steigerte das Studieninteresse der Teilnehmenden, verbesserte das Gruppenklima und die aktive Teilnahme am Gruppengeschehen und ermöglichte dadurch Selbstwirksamkeitserfahrungen.