Weiblich, trefflich, nervenkrank. Geschlechterbeziehungen und Machtdispositive. Heinrich von Kleists Werk im medizinisch-anthropologischen Diskurs der Zeit um 1800

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2005-02-11
Issue Year
2004
Authors
Strauch, Christina
Editor
Abstract

Most of the female protagonists in Heinrich von Kleist's opera obviously carry attributes taken from the contemporary medical and anthropological disourse. The main objectives were to analyze and integrate those pathological patterns into the contemporary scientific discussions (medicine, anthropology, gender, moral philosophy etc.) and to define the author's esthetical strategy.

Abstract

Sie fallen in Ohnmachten, leiden an hitzigen Fiebern, ihre Körper werden von Konvulsionen geschüttelt, ihr Bewußtsein von somnambulen Traumzuständen verklärt, und während die eine noch in mystischer Verzückung vor dem Geliebten kniet, zieht die nächste bereits bis an die Zähne bewaffnet in den Kampf, um ihn zu jagen und geradezu lustvoll zu zerfleischen. Was sich wie ein Panoptikum der Frauenabteilung einer psychiatrischen Anstalt liest, ist ein stark komprimierter Extrakt aus den Verhaltensmustern der weiblichen Protagonisten im Werk Heinrich von Kleists. Diese Attribuierungen der ansonsten größtenteils als trefflich und moralisch untadelig beschriebenen Frauenfiguren entstammen einem geradezu typischen Inventar von Symptomen aus den Bereichen Medizin, Anthropologie und Moralphilosophie um 1800. Die Frage, die der Arbeit zugrunde liegt, ist diejenige nach den Gründen für die von Kleist immer wieder in seinem Werk in Szene gesetzte Pathologisierung der Protagonistinnen. Ausgehend von der Einordnung in die zeitgenössische Debatte um den ganzen Menschen wurden sowohl die ästehtische Strategie als auch die literarische Umsetzung des Autors im Umgang mit dem Wissen seiner Zeit untersucht. Die Reformulierung der Geschlechtscharaktere, die sich auf der Basis der physiologischen und moralischen Anforderungen aus der anthropologischen Diskussion ergab, ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse.

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