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Der Beruf der Medizinisch-technischen Laboratoriumsassistent*innen (MTLA) unterliegt schon immer einer starken, am Fortschritt der biomedizinischen Forschung orientierten, Progression. Aktuell werden immer mehr klassische Analysen durch molekularbiologische Methoden ergänzt bzw. ersetzt. Dies bringt eine starke Erhöhung der Sensitivität und Spezifität mit sich. Zudem ermöglichen diese Methoden einen schnelleren und gezielteren Therapiestart, was einen starken Effekt auf die Patient*innensicherheit hat. In den der MTLA-Ausbildung zugrunde liegenden Ordnungsmitteln sind molekularbiologische Inhalte derzeit jedoch nicht verortet.
Ziel dieser Forschungsarbeit war es, eine vermutete Diskrepanz zwischen Ausbildungs- und Berufsrealität in Bezug auf molekularbiologische Methoden empirisch zu belegen und deren Effekte auf berufstätige MTLA in ihrem Tätigkeitsfeld aufzudecken. Methodisch wurde hier triangulativ vorgegangen, in dem zunächst problemzentrierte, leitfadengestützte Expert*innen-Interviews geführt wurden. Nach deren Auswertung auf Basis der Grounded Theory flossen die Ergebnisse in die Erstellung eines Online-Fragebogens ein. Dieser richtete sich an berufstätige MTLA, die ihren Abschluss in Deutschland absolviert haben.
Durch die Verschränkung der Methoden konnte einerseits sehr deutlich eine hohe Relevanz molekularbiologischer Techniken, mit einem Anteil von etwa einem Drittel aller laboratoriumsmedizinischen Analysen, gezeigt werden. Zugleich wurde offengelegt, dass auch aktuell noch eine inadäquate molekularbiologische Ausbildung der berufstätigen MTLA stattfindet. Es konnte gezeigt werden, dass heute immerhin etwa 97% aller Absolvent*innen molekularbiologische Inhalte während ihrer Ausbildung vermittelt bekommen. Allerdings beträgt der Anteil nur knapp 1,6% der laut MTLA-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für technische Assistenten in der Medizin (MTLA-AprV) geforderten 3170 Unterrichtsstunden. Nach dem Konzept der „Institutionen“ von Berger und Luckmann ist dies de facto auf die zugrunde liegenden starren und nicht mehr der Berufsrealität entsprechenden Ordnungsmittel zurückzuführen. Die defizitäre MTLA-Ausbildung wird durch die Handelnden auf informellem Weg überbrückt. So erlangen die MTLA ihr molekularbiologisches Wissen und die zugehörigen Kompetenzen derzeit über Kolleg*innen, das Selbststudium, über weiterführende Studien und Weiterbildungen, um in der Berufsrealität handlungsfähig zu bleiben. Dieser Prozess ist ein deutliches Indiz für eine aktuell stattfindende Professionalisierung.
Auf Grundlage dieser Studie wird eine weitreichende Novellierung der MTLA-Ausbildung und der zugrunde liegenden Ordnungsmittel empfohlen. Vorausgehend sollte dringend eine längst überfällige, umfassende Berufsfeldanalyse stattfinden. Nur ein derartiger Novellierungsprozess kann zu einer Sicherung der Profession beitragen, auf deren Handeln 70% aller ärztlichen Diagnosen beruhen.