Die Beziehungen von Psychologie und Psychiatrie zur Religion und deren geschichtlicher Wandel werden erörtert. Anschliessend wird die Behandlung des Phänomens Religion in der Tiefenpsychologie dargestellt. Es wird dargelegt, daß Freuds Religionskritik nur Zerrbilder der Religion trifft. Bezüglich der Psychologie FROMMs wird herausgehoben, daß darin der Religion eine positive ethische Funktion zugesprochen wird. Jung wird so interpretiert, daß er Religion, deren Inhalte dem Menschen durch Symbole, Dogmen und Rituale indirekt zugänglich sind, als naturhaftes menschliches Bedürfnis versteht. Es wird festgehalten, daß Religion in den tiefenpsychologischen Schulen übereinstimmend als unabweisbares Bedürfnis des Menschen, als ethische Kraft und als Vermittlung der Liebe gesehen wird. Abschliessend wird das Verhältnis zwischen Psychologie und Religion skizziert.
>Biophile< und >nekrophile< Momente in der Gruppe [Biophilous and necrophilous motives in groups
(1983)
Die von FROMM beschriebenen >biophilen< und >nekrophilen< (bzw. destruktiven) Tendenzen werden zur Beschreibung und Untersuchung von gruppendynamischen Vorgängen herangezogen. Anhand von Beobachtungen in sechs Gruppen (fünf therapeutische Gruppen und eine experimentelle Selbsterfahrungsgruppe) wird aufgezeigt, daß die Kategorien des >biophilen< und des >nekrophilen< Verhaltens auf das Gruppengeschehen gut anwendbar und zur Beschreibung und Klassifikation der Gruppenphänomene geeignet sind. Die Analyse des Gruppengeschehens zeigte, daß averbales Agieren destruktiver oder >nekrophiler< Tendenzen und verbale Beschäftigung mit >nekrophilen< Gesprächsthemen miteinander abwechselten, wobei die Unterdrückung oder Korrektur averbalen Agierens im Sinne einer destruktiven oder >nekrophilen< Tendenz regelmässig von einem Durchbruch >nekrophiler< und destruktiver Gesprächsthemen abgelöst wurde.
Zunächst wird ein Überblick über die Hauptgedanken im Lebenswerk Erich FROMMs gegeben: (1) der >sozialpsychologische Ansatz<, das heisst seine Überzeugung, daß das Grund- und Schlüsselproblem der Psychologie das der Beziehung des Menschen zur Welt und zum anderen ist, (2) die zwischen produktiver und nicht-produktiver Orientierung unterscheidende Charakterologie, (3) die Darstellung des vielfach illusorischen Charakters menschlicher Überzeugungen, (4) die Lehre von der Kunst des Liebens und (5) die Bekämpfung des menschlichen Egoismus. In diesen Grundgedanken der Lebensarbeit FROMMs wird eine wesentliche Wahlmöglichkeit für den gegenwärtig vor die Entscheidung zwischen produktiver Orientierung und egoistischem Versorgungsdenken gestellten Menschen erblickt.
Die Kommunikationsphänomene, deren Beschreibung Watzlawick's Verdienst ist, sind erst mit Hilfe von FROMM's Kategorien der >produktiven Charakterorientierung< und >nicht-produktiven Charakterorientierung< voll verständlich: Menschliche Kommunikation ist eine Mischung von Kommunikation im eigentlichen Sinne, die produktiv, spontan aktive freie liebende Zuwendung an den anderen ist, diesem etwas geben und ihn in seinem Selbstbegriff bestätigen kann – und einer deficienten Art Kommunikation, die nicht-produktiv und nur ein Wunsch nach spontaner liebender Zuwendung des anderen ist, nicht geben, sondern nur nehmen kann und nur die Bestätigung des eigenen Selbstbegriffes durch den anderen sucht. Jene wendet sich dem anderen um seinetwillen zu, diese zur eigenen Absicherung.